Das kann jedes Unternehmen für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf tun.

Teil 1 „Das Homeoffice“

Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist eine Mischung aus vielen Faktoren. Einige davon hat jeder selbst in der Hand, jedoch nicht alle. Denn um all die verschiedenen Bereiche des Lebens unter einen Hut zu bekommen, braucht es mehr als nur die eigene Anstrengung. Die ist wichtig und gerade innerhalb der Familie ist dafür ganz viel Abstimmung nötig. Aber ohne den Arbeitgeber geht es nicht. Auch er muss willens sein, gelebte Vereinbarkeit zu unterstützen. Sonst ist alle Anstrengungen nicht zielführend.

Beginnen wir mit der sicher am weitesten verbreiteten Möglichkeit, Vereinbarkeit zu fördern: dem Homeoffice. Diese Option bietet eine Menge Spielraum, wenn beispielsweise die Kita geschlossen hat, Schulferien sind oder sich ein Techniker nicht genauer als zwischen 8:00 und 18:00 Uhr angekündigt hat. Ganz aktuell beschäftigt sich sogar die Politik mit dem Thema. Auf ihrem Parteitag hat die SPD am 8. Dezember 2019 beschlossen, dass sie ein Recht auf Homeoffice gesetzlich verankern wollen und sich dafür in der Regierung einsetzen werden. Das unterstreicht die Brisanz des Themas.

Aus Arbeitgebersicht ist das Homeoffice eine Vertrauenssache, an die sich viele Arbeitgeber immer noch gewöhnen müssen. Jahrzehnte lang galt die lange Anwesenheit im Büro als Karriereplus. Um sich von diesem Denken zu lösen, braucht es Zeit. Der Prozess ist in vollem Gang und sicherlich noch lange nicht abgeschlossen. Gerade in kleinen und mittelständischen Unternehmen in konservativen Branchen wird das Homeoffice nach wie vor kritisch beäugt. Eine aktuelle Studie der Hans-Böckler-Stiftung zeigt deutlich, dass die Inanspruchnahme des Homeoffices vor allem von der Unternehmenskultur abhängt. Je mehr die Mitarbeiter das Gefühl haben, dass sie vor allem dann wertgeschätzt werden, wenn sie viel und lange anwesend sind, desto weniger Bereitschaft besteht, im Homeoffice zu arbeiten. Darunter kann die Vereinbarkeit erheblich leiden. Arbeitgeber haben hier einen großen Nachholbedarf. Es muss bewusst ein Klima der Offenheit und modernen Arbeitskultur geschaffen werden, um Arbeitnehmer auch mental die Freiheit zu geben, das Homeoffice zu nutzen. Ein rechtlicher Anspruch auf Homeoffice wird auch in der erwähnten Studie empfohlen und kann diese Entwicklung sicher unterstützen, darf aber nicht die einzige Maßnahme bleiben.

Dabei zeigen weitere Studien deutlich, dass Mitarbeiter im Homeoffice sogar produktiver arbeiten als im Büro. Kein Wunder, wenn man nicht ständig von Kollegen unterbrochen wird oder den Atem des Chefs im Nacken spürt. Arbeitgeber sollten hier schneller voranschreiten und noch häufiger flexible Möglichkeiten des Homeoffices anbieten. Je mehr das zur Selbstverständlichkeit wird, desto weniger wird die Vorstellung des Homeoffices als bequemer Platz, an dem eher gefaulenzt als gearbeitet wird. Dieses Vorurteil steckt leider noch in vielen Köpfen.

Auch die rechtliche Rahmensituation, ergänzend zu einem allgemeinen Recht auf Homeoffice, ist hier oft noch nicht auf die neue flexible Arbeitsweise angepasst. Unter einem unserer letzten Beiträge auf Facebook schrieb eine Followerin, dass sie im Homeoffice nicht nach 20:00 Uhr einloggen dürfe, da sonst Nachtzuschläge gezahlt werden müssten. Dabei wäre das für sie eine gute Zeit noch einmal zu arbeiten, sie bekäme aber gar nicht die Möglichkeit dazu. Diese und weitere rechtliche Voraussetzungen erschweren einen flexiblen Arbeitsalltag, der sowohl an den eigenen Rhythmus als auch an den Rhythmus der Familie angepasst werden kann, erheblich. Neue Formen der Arbeit sind in Gesetzen, die 30 Jahre, 40 Jahre oder noch älter sind, naturgemäß nicht berücksichtigt. Diese Gesetzgebung stammt aus einer Prä-Internetzeit und muss dringend angepasst werden, um auch dem Arbeitgeber zu ermöglichen, dem Arbeitnehmer überhaupt die Freiheiten einzuräumen, die dieser gerne hätte. Hier ist der Gesetzgeber gefordert, stärker auf die Erfordernisse von Vereinbarkeit und New-Work-Methoden einzugehen.

Es gibt also noch einige Schwierigkeiten zu überwinden, bis das Homeoffice so normal sein wird, wie das Büro in der Firma. Sowohl viele Arbeitgeber als auch der Gesetzgeber sind gefordert, sich stärker für das Homeoffice und damit für mehr Flexibilität und am Ende auch Familienfreundlichkeit einzusetzen. Rahmenbedingungen müssen sich weiter verbessern. Jedoch liegt es auch an jedem einzelnen Arbeitnehmer, die Voraussetzungen für das Homeoffice im eigenen Unternehmen zu schaffen oder zu verbessern. In dieser Checkliste von der Website „Karrierebibel“ findest du eine Schritt-für-Schritt-Anleitung, wie du deinen Chef davon überzeugen kannst, im Homeoffice zu arbeiten. Du bekommst gute Tipps an die Hand und kannst dich damit für dich und für andere Kollegen stark machen, um mehr Flexibilität ins Arbeitsleben zu integrieren und damit auch für zukünftige Arbeitnehmer eine offenere Kultur zu schaffen, in der mehr Vereinbarkeit möglich ist.