Heute wichtiger denn je – so baust du durch agile Arbeitsmethoden Vertrauen im Team auf.

Mitarbeiter*innen sollen für das Unternehmen die Extrameile gehen. Kollegen und Führungskräfte sollen sich ohne Wenn und Aber auf sie verlassen können. Wie aber schafft man es, dass sie von innen heraus motiviert sind und nicht den Fokus auf Gehalt und Status legen?

Und wie stellen andererseits Arbeitgeber und Führungskräfte ihre eigene Work-Life-Balance sicher? Wie wäre es, wenn Unternehmen nicht mehr aufwendig nach den besten Köpfen und Fachkräften suchen und um diese kämpfen müssten, sondern diese sich darum bemühen, bei ihnen arbeiten zu dürfen?

Dann lohnt es sich, sich mit den Prinzipien von agilem Arbeiten und ihren Wechselwirkungen auf Vereinbarkeit näher auseinanderzusetzen.

Agiles Arbeiten ist unter anderem  gekennzeichnet durch regelmäßigen Austausch der handelnden Personen, Transparenz, kontinuierliche Reflexion, Selbstorganisation, Agieren auf Augenhöhe, eine offene Fehlerkultur und Pragmatismus.

Vereinbarkeit ist das Bestreben, für alle Mitarbeiterinnen in jeglicher Lebenssituation Unterstützung anzubieten, so dass diese Leben und Arbeit gut miteinander vereinbaren können, z.B. für die Auszubildende, die eine Weltreise machen möchte, für den Kollegen, der seine Eltern pflegt und genauso für junge Eltern.**

Dies ist der Auftakt für eine Artikelserie zu den verschiedenen Aspekten von Vereinbarkeit und agilem Arbeiten und ihren Auswirkungen auf eine moderne Unternehmenskultur. Wir zeigen, wie Du diese Prinzipien in Deinem Unternehmen – unabhängig von der Größe – umsetzen kannst, ohne dass die Prozesse und Hierarchien erst aufwendig umstrukturiert werden müssen. Du kannst direkt damit anfangen – lass Dich überraschen, wie einfach es sein kann.

In dem heutigen Artikel schauen wir uns die Aspekte „regelmäßiger Austausch“ und „Agieren auf Augenhöhe“ näher an.

Gerade in der aktuellen Pandemiesituation gewinnt die Frage „Wie geht es Dir?“ im Gespräch an besonderer Bedeutung: Mehr denn je sollte auf diese nicht nur höfliches Geplänkel folgen – speziell wenn man sich nur online oder telefonisch „begegnet“. Dies gilt insbesondere für Teams, die z.T. oder vielleicht ganz mobil arbeiten.

Nimm Dir die Zeit um ein tatsächliches Gespür dafür zu bekommen, wie es Deinem Teammitglied gerade geht. Mach Dir bewusst, dass Du möglicherweise der erste Kontakt außerhalb der Familie oder vielleicht auch überhaupt an diesem Tag für Dein Gegenüber bist. Eine Kollegin erzählte mir neulich, dass sie während des Lockdowns von Mitte März bis Ende April lediglich zwei Freundinnen persönlich gesehen hat – und wie sie merkte, dass sich dieser mangelnde Austausch auf ihre psychische Belastbarkeit ausgewirkt hat. Aus der sprichwörtlichen Mücke hat sie innerlich einen Elefanten gemacht – und war zunehmend näher am Wasser gebaut. Dies passte so gar nicht zu meinem Bild, dass ich bis dato von dieser toughen Kollegin hatte. Von anderen Unternehmen wissen wir, dass die Führungskräfte sich dort in der mündlichen Kommunikation speziell auf die Mitarbeitenden fokussiert haben, die alleine leben und lieber einmal öfter das Gespräch gesucht haben.

Auch das Teilen solcher Einblicke wie die Gedanken der Kollegin kann zum Türöffner in einem solchen Austausch werden – zeige ruhig, dass auch Du mit Herausforderungen zu kämpfen hast und diese vielleicht leidlich gut bewältigst – damit machst Du Dich ein Stück weit sympathischer und stellst Augenhöhe her. Im ersten Kitajahr meines Sohnes habe ich meinen Kollegen ab und zu einfach kommuniziert: ich bin heute ganz schön müde, das Kind hat die Nacht zum Tag gemacht, vielleicht können wir das (interne) Meeting auf morgen verschieben? Oder: Können wir das Schreiben einen Tag später verschicken?

Mir wurde viel Verständnis entgegengebracht und gleichzeitig auch ein gesteigertes Vertrauen. Denn diese Haltung führte dazu, dass auch meine Teammitglieder sich geöffnet und mehr aus ihrer aktuellen Lebenssituation berichtet haben. Es ist faktisch nicht vorgekommen, dass die Abteilung Deadlines verpasst hat und ich das nicht habe kommen sehen und schon mal entsprechend zu den relevanten Stakeholdern kommunizieren oder rechtzeitig Abhilfe schaffen konnte.

Das hat auch mit dem Selbstverständnis als Führungskraft eines Teams zu tun, dass sich weitgehend selbst organisiert – die Frage ist: Was brauchst Du, damit Du Deine Arbeit gut machen kannst? Und die Frage bitte auch die Teammitglieder beantworten zu lassen, ohne die Aussagen im vorauseilenden Gehorsam vorwegzunehmen. Diese Frage impliziert: Ich weiß, dass Du den Job gut machst, Du bist die Expert/in, ich vertraue Dir – und im Gegenzug vertraust Du mir und informierst mich rechtzeitig, wenn Du Unterstützung brauchst oder ich Dir die Stakeholder vom Leib halten soll, damit Du Zeit und Raum hast, den Job nach Deinen Vorstellungen zu machen.

Eine andere Möglichkeit, um Augenhöhe innerhalb eines Teams herzustellen, ist „Expert*innen“ für verschiedene Themen humorvoll zu benennen: z.B. der Experte für die gute strategische Herangehensweise, die Formulierungskönigin für unangenehme Statements, die „Rampensau“, der „Excel-Held“ etc. Dies dann auch immer mal wieder zu kommunizieren: „Bitte stell Deine Präsentation der Formulierungskönigin und dem Excelhelden vor und arbeitet gemeinsam daran.“  „Bitte sprich nochmal mit unserem Strategieexperten  – vielleicht hat er ja noch eine andere Idee“? Widerstehe dabei dem Drang, dem Ganzen – wenn vermeidbar – noch den letzten Schliff zu verpassen.

Gestalte Teammeetings nicht immer gleich – wir alle haben sicher keinen Nerv mehr für langweilige Meetings, in denen immer nur der Status von Projekten abgefragt wird und kein Raum für wirklichen Austausch vorhanden ist. Stell offene Fragen, lasse Diskussionen zu und im Zweifel das Team entscheiden, welcher Lösungsansatz verfolgt wird. Gebe den Teammitgliedern die Möglichkeit, neue Ideen selbst zu entwickeln und vielleicht in einem geschützten Umfeld zu testen.

Du wirst sehen, diese Prinzipien werden sehr schnell dazu führen, dass Du als Führungskraft mehr Raum für operative und strategische Themen abseits der Führungs- und Personalthemen hast – und noch viel wichtiger: motivierte Teammitglieder, die mehr Raum haben, ihre Arbeit in ihr Leben zu integrieren und auf welche Du Dich verlassen kannst.

Probiere es einfach aus und teile gerne Deine Erfahrungen mit uns.